Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Dieser Spruch, der Karl Valentin zugeschrieben wird, scheint heute in der Corona-Zeit treffender denn je. Gerade im Geschäftsleben aber sind Prognosen unerlässlich, um Risiken abzuschätzen und Investitionsentscheidungen zu treffen. Das gilt auch für die Energie- und Versorgungswirtschaft. So ist es nicht verwunderlich, dass die International Energy Agency, kurz IEA, in ihrem jüngsten „World Energy Outlook“ ihre Langfristprognosen zwar beibehält, den Fokus aber auf die Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf die Energiewirtschaft in den kommenden zehn Jahren richtet. Mit Blick auf das laufende Jahr gehen die Energie-Experten erst einmal davon aus, dass die weltweite Energienachfrage um fünf Prozent abnehmen wird. Der Ausstoß an energiebedingten CO2-Emissionen werde rund sieben Prozent geringer sein, und die Investitionen in der Branche gehen um etwa 18 Prozent zurück, wird berichtet.

Wie die Entwicklung in den nächsten zehn Jahren verlaufen kann, beschreibt die IEA im Detail anhand zwei zentraler Szenarien. Im ersten Fall wird davon ausgegangen, dass die Pandemie 2021 unter Kontrolle gebracht wird und sich die Weltwirtschaft wieder deutlich erholt. Hier werde die Energienachfrage voraussichtlich Anfang 2023 wieder das Vor-Krise-Niveau erreichen. Szenario „Zwei“ beschreibt eine länger andauernde Krise mit ökonomischen Beeinträchtigungen. Die Konsequenzen sind beträchtlich. Nach Einschätzung des „Outlook“ verzögert sich der Erholungsprozess bis 2025. Später steige dann der weltweite Energieverbrauch bis 2030 um neun Prozent (Szenario I) beziehungsweise vier Prozent (Szenario II) gegenüber 2019 an. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine weitergehende Prognose von Szenario I. Demnach soll  sich die weltweite Nachfrage bis 2040 im Vergleich zu 2019 um 19 Prozent erhöhen, aber nach Aussage der Verantwortlichen deutlich unter den vorausgegangenen Prognosen liegen. Anders beschreiben sie die Situation in den 27 EU-Staaten. Hier gehe im gleichen Zeitraum der Primärenergieverbrauch um 21 Prozent zurück. Der Anteil dieser Länder am globalen Primärenergieverbrauch sinke damit von 9,7 Prozent in 2019 auf 6,4 Prozent im Jahr 2040.

Die nächsten Jahre und Jahrzehnte

Bei der weiteren Entwicklung des Energiesektors spielen die Erneuerbaren – und hier vor allem die Solarenergie – eine ganz wesentliche Rolle. Unterstützt durch Politik und technologische Fortschritte  sei sie in den meisten Ländern günstiger als vergleichbare neue Kohle- oder Gaskraftwerke. Dementsprechend werden laut IEA beim Strom in der nächsten Dekade 80 Prozent des weltweiten Nachfragewachstums durch erneuerbare Energien gedeckt, woran die Wasserkraft nach wie vor den größten Anteil hat, das größte Wachstum jedoch bei der Solarenergie stattfindet. In diesem Zusammenhang weisen die Autoren der Studie darauf hin, dass mit dem Wachstum der Erneuerbaren ein erhebliches Investment in die Netze einhergehen muss.

Der jährlich erscheinende „World Energy Outlook“ ist nur eine – wenngleich fundierte – Prognose unter mehreren. Doch scheint die generelle Richtung klar. Die Welt wird weiter wachsen und zunehmend Energie brauchen. Die zentrale Rolle spielt dabei Strom aus erneuerbaren Quellen. Europa koppelt sich von dieser Entwicklung zwar etwas ab, das ändert aber nichts daran, dass sich der Ausbau regenerativer Erzeugungsanlagen und leistungsfähiger Netze wie ein „roter Faden“ durch die nächsten Jahrzehnte ziehen wird.

Quelle: https://www.iea.org/reports/world-energy-outlook-2020

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