Früher war nicht alles besser, aber einiges anders. Beispiel Gaswirtschaft: Erdgas wurde vornehmlich von einem großen Unternehmen – der Ruhrgas – aus verschiedenen Quellen nach Deutschland importiert. Im Einzelnen waren dies die Niederlande, Norwegen, Russland und die Britische Nordsee. Die Lieferverträge liefen zum Teil über mehrere Jahrzehnte, und die Konditionen waren an die Entwicklung der Heizölpreise gekoppelt. Über Verteilnetzbetreiber und Stadtwerke, an denen der Essener Konzern häufig beteiligt war, floss das Gas zu den Endverbrauchern. Gut für die Verbraucher, die sich auf eine sichere Belieferung und stabile Preise verlassen konnten. Ging der Heizölpreis runter, sank auch der Gaspreis. Und umgekehrt. Schlecht allerdings, dass kein wirklicher Wettbewerb stattfand und sich die Ruhrgas aufgrund ihrer monopolartigen Stellung lange Jahre eine „goldene Nase“ verdiente.

In den 90er Jahren kam mit der BASF-Tochter Wintershall und deren Tochter Win-gas ein alternativer Anbieter auf das Spielfeld. Richtige Dynamik entwickelte sich aber erst Ende des letztens Jahrhunderts, als das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts am 29. April 1998 in Kraft trat. Unternehmen wurden ver-pflichtet, die verschiedenen Bereiche Erzeugung, Übertragung und Verteilung von einander zu entkoppeln und so Wettbewerb zu ermöglichen. Was zunächst nur für die Elektrizitätswirtschaft galt, wurde dann im Jahr 2003 im Rahmen einer Geset-zesnovelle auch auf die Gaswirtschaft übertragen.

Neue Anbieter kommen auf den Markt

Lange hatten sich die großen Anbieter gegen diese Entwicklung gewehrt, konnten aber nicht verhindern, dass viele junge Unternehmen auf den Markt kamen, die Erdgas kauften, handelten und via Durchleitung zum Kunden transportierten. Auch auf der Seite der Stadtwerke tat sich einiges. Der Rückkauf von Gesellschaftsan-teilen und der Erwerb auslaufender Konzessionsverträge wurden genutzt, um die Eigenständigkeit und damit auch die Hoheit beim Bezug von Erdgas zu stärken. Was anfangs noch kompliziert und mit Schwierigkeiten verbunden war, lief mit zu-nehmender Routine und Rückendeckung durch das Bundeskartellamt und die Bundenetzagentur immer flüssiger. Heute weist beispielsweise das Vergleichsportal check24 für Köln rund 40 verschiedene Angebote von Gasversorgern für Pri-vathaushalte aus.

Allerdings fordert der Wettbewerb auch seinen Tribut. Das Handeln und Beschaffen von Erdgas bietet nicht nur Chancen, sondern bringt auch Risiken mit sich. Aktuell haben sich schon einige Unternehmen wie gas.de, natgas oder Otima Energie vom Markt verabschiedet. Ein wesentlicher Grund dafür sind massiv gestiegene Gasbeschaffungspreise. Während sich viele der größeren und länger etablierten Marktteilnehmer meist für langfristige Lieferverträgen mit verlässlichen Preisen entschieden haben, kauften junge Unternehmen öfters kurzfristig vorteilhaft ein und hoffen auf anhaltend günstige Beschaffungskosten. Das mochte in der Vergangenheit erfolgreich sein. Mittlerweile haben sich jedoch innerhalb kürzester Zeit die Großhandelspreise vervielfacht. Die den Kunden vertraglich zugesicherten Preise reichen nicht mehr aus, um ohne Verluste neues Erdgas zu beschaffen. Wer dann nicht mit einer entsprechenden Kapitaldecke eine Durststrecke überstehen kann, hat ein Problem.

Teil 2 folgt in der nächsten Ausgabe.

(GL)

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