Europa und insbesondere Deutschland stehen an einem entscheidenden Wendepunkt für die zukünftige Entwicklung in der Automobilität. Die aktuelle McKinsey-Studie zu Europas Mobilitätszukunft erläutert: „Europas Bürger legen 70% aller Wege mit dem Auto zurück, gleichzeitig ist die Zahl der Unfälle seit 2005 um 40% zurückgegangen. Die Autoindustrie steht für 7% des europäischen Bruttoinlandsprodukts, beschäftigt direkt und indirekt über 13 Millionen Menschen…“.

Die Menschen in Deutschland sind offen für eine e-mobile Zukunft, die Ladesäuleninfrastruktur wird ausgebaut, Stadtwerke, der Einzelhandel und viele private Firmen haben Geld investiert und Ladesäulen bereitgestellt oder arbeiten bereits konkret in umfangreichen Umsetzungsprojekten. Rund 50 Prozent der Bürger, die sich Gedanken zu einem Fahrzeugkauf machen, denken darüber nach, eine elektrische Fahrzeugvariante zu wählen, es warten jedoch aktuell viele auf die Entscheidung der Bundesregierung zur Erhöhung der ausgelobten Prämie. Die Modellvielfalt wächst, wenn auch immer noch auf einem hohen Preisniveau und gerade für preisorientierte Start-up- und Nischenhersteller wie eGO und Sono Motors wirkt die höhere Prämie durch die Beteiligungsnotwendigkeit der Industrie preiserhöhend und damit eher nachteilig.

Der Boden ist also mehr oder weniger bereitet, allein die deutsche Automobilindustrie hält sich gefühlt immer noch zurück. Da werden Forderungen nach einer notwendigen Infrastruktur laut – die Forderungen nach einer Million Ladepunkten scheinen allerdings übertrieben, wenn gleichzeitig bekannt wird, dass 80 Prozent aller Ladevorgänge zuhause oder am Arbeitsplatz stattfinden. Elektrofahrzeuge werden allerorten angekündigt, konkrete Modelle in einer breiteren Palette stehen allerdings in erster Linie bei ausländischen Herstellern auch und gerade für die Normalgeldbeutel zur Verfügung.

Woran liegt das? „Europa vereint 13 der 17 Top-Universitäten weltweit bei der Erforschung der E-Mobilität, 4 von 17 beim autonomen Fahren und 8 von 19 bei datengestützten Diensten. Zugleich investiert die Autoindustrie jährlich über 50 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung“, führt die McKinsey-Studie aus. Aber man schafft es nicht, eine gemeinsame Idee für die Zukunft zu schaffen, in der es für alle Beteiligten nötig sein wird, die Wertschöpfungskette umzubauen. Von einer rein produzierenden Schwerpunktausrichtung hin zu einem Mix aus Produktion, Shared Mobility und datenbasierten Dienstleistungen, die bereits 2030 für ein Viertel der Industrieumsätze stehen sollen. Heute liegt der Wert bei 0,2 Prozent. Hier müssen in den kommenden Jahren massive Initiativen ergriffen werden, um den Forschungsfortschritt aus den Universitäten und Think Tanks in die Zentralen der Automobilunternehmen zu transferieren.

Die Politik tut gut daran, die rechtlich-regulatorischen Rahmenbedingungen mit hohem Tempo voranzutreiben, um für alle Beteiligten, von den Herstellern über die Telekommunikationsdienstleister und Versicherer bis hin zu den Energieversorgern eine Straße zu schaffen, auf der die aktuellen Rollwiderstände spürbar minimiert bis gänzlich abgebaut werden. Nur so kann es gelingen, das Kind E-Mobilität auch erwachsen werden zu lassen. Aktuell ist dieses Kind geradem mal im Vorschulalter.

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