Es ist noch nicht allzu lange her, da war die Trinkwasserversorgung kein Thema. Aus guten Gründen: Deutschland ist ein wasserreiches Land und verfügt im internationalen Vergleich über eine sehr gute Versorgungsinfrastruktur. Doch die Zeiten haben sich geändert. Externe Faktoren stellen die Branche vor neue Herausforderungen. Zu nennen sind Nitrat- und Arzneimitteleinträge, die ihren Weg ins Grundwasser finden und von der Wasserwirtschaft besondere Aufmerksamkeit und Behandlung erfordern. Darüber hinaus haben sich natürlich die letzten aufeinander folgenden sehr trockenen Sommer bemerkbar gemacht, die teilweise zu einem bedenklichen Rückgang der Wasserverfügbarkeit führten. Im Gespräch mit dem „energieverdichter“ haben Unternehmen davon berichtet, dass sie in Extremsituationen Trinkwasser von benachbarten Kommunen beziehen mussten. Auch gab es zeitlich begrenzte Restriktionen wie das Verbot von privaten Autowäschen. Und die Unwetterkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zeigt mit ihren plötzlich auftretenden Wassermassen die andere Seite der Medaille.

Wie die weitere Entwicklung verlaufen könnte, zeigt die jüngste Klimavorhersage des Deutschen Wetterdienstes DWD. Demnach wird für Deutschland ein Temperaturplus von 0,5 bis 1,0 Grad für den Zeitraum 2021 bis 2025 erwartet. «In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts dürfte sich dieser Trend fortsetzen», berichtet der DWD. Dabei wird vor allem in Westdeutschland ein deutliches Minus im langfristigen Mittel bei den Niederschlägen erwartet, aber gleichzeitig auch, teils örtlich begrenzt, große Wassermengen auftreten können.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass sich auch die Politik des Themas angenommen hat und unlängst über das Bundesumweltministerium (BMU) eine Wasserstrategie vorstellte. Vorausgegangen waren intensive Gespräche mit mehr als 200 Vertretern aus Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Forschung, Verbänden und Kommunen. Ziel ist, einen Weg vorzugeben, wie auch noch in 30 Jahren für jeden in Deutschland Wasser in ausreichender Menge und guter Qualität verfügbar ist. Damit das gelingt, müssen nach Aussage des BMU Grundwasser, Seen, Bäche und Flüsse in Deutschland sauberer werden. Auch bräuchten Infrastruktur, Landnutzung und Stadtentwicklung eine bessere Anpassung an die Folgen des Klimawandels.

Bund und Länder stellen Mittel bereit

Dass es dazu erheblicher Anstrengungen bedarf, steht außer Frage. Dementsprechend sieht die Strategie mehr als 50 Maßnahmen und langfristige Investitionen vor. Unter anderem soll eine überregionale Wasserversorgung etabliert werden. Auch will das BMU gemeinsam mit Kommunen und Fachverbänden ein Konzept für eine gewässersensible Stadtentwicklung auf den Weg bringen. Ein weiteres Ziel ist, stärkere Anreize für eine Verringerung der Wasserverschmutzung zu schaffen. Und auf der Kostenseite will der Bund die Länder und Kommunen über die kommenden zehn Jahre mit einem Gesamtvolumen von einer Milliarde Euro unterstützen, um den ökologischen Zustand der Gewässer zu verbessern und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu erhöhen.

Eine Strategie, die in der Branche überwiegend gut ankommt. „Sie enthält viele wichtige Ansätze, um die Wasserqualität zu schützen und die Trinkwasserversorgung trotz der Folgen des Klimawandels langfristig in der gewohnt hohen Qualität sicherzustellen. Entscheidend ist, dass nun schnell aus den Plänen konkrete Maßnahmen werden, die in der Praxis umgesetzt werden“, fordert Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Und Wolf Merkel, Vorstand Wasser bei „Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches“ (DVGW), ergänzt:

Auch bei der Industrie auf der Agenda

„Die heute schon spürbaren Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Wasserressourcen, aber auch die Schadstoffeinträge in die Gewässer sind ernst zu nehmende Gefahren, denen wir uns dringend stellen müssen. Der DVGW befürwortet daher die Ziele der Wasserstrategie und wird die Umsetzung durch sein umfangreiches Know-how auch weiter aktiv unterstützen“.

Auch die Industrie hat das Thema „Versorgungssicherheit unter veränderten Rahmenbedingungen“ ganz oben auf der Agenda. Beispielsweise betonte Henning R. Deters, Vorstandsvorsitzender der Gelsenwasser AG, auf der gerade abgehaltenen Hauptversammlung des Unternehmens: „Eine klimaresiliente Strategie bei der Trinkwasserversorgung und klare politische Vorgaben für den Fall von Nutzungskonflikten in Dürrezeiten werden immer notwendiger. Wichtig bleibt: Die ausreichenden Wassermengen müssen durch Verbünde auf Transportebene und ergänzend zielgenau auch durch Investitionen verfügbar gemacht werden“.

Bei allen Beteiligten scheint weitgehender Konsens zu bestehen, dass und wie die künftigen Herausforderungen anzugehen sind. Das ist nicht nur von zentraler Bedeutung für die Daseinsvorsorge, sondern auch die Grundlage für ein langfristig stabiles „Wassergeschäft“.

(GL)

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