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Aufgrund der massiv gestiegenen Beschaffungskosten scheint sich der Erdgasmarkt derzeit etwas zu konsolidieren. Größere Anbieter mit langfristig gesicherter Beschaffung dürften auskömmliche Margen erzielen; kleinere und junge Start-ups mit kurzfristigem Einkauf geraten unter Druck. Doch wie sieht die weitere Zukunft des Energieträgers Erdgas aus? Anders als bei der Kohle gibt es kein konkretes Datum für den Ausstieg. Ganz im Gegenteil. Aufgrund seiner Bedeutung im Wärmemarkt und als Substitut von Kohle in der Stromerzeugung, dürfte Erdgas noch mehrere Jahrzehnte eine wichtige Rolle im deutschen wie auch im globalen Energie-Mix spielen.

Laut der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen hatte Erdgas in den ersten drei Quartalen dieses Jahres einen Anteil von 26,3 Prozent am gesamten deutschen Primärenergieverbrauch. Gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum betrug das Wachstum 8,5 Prozent. Die Gründe dafür liegen im zunehmenden Einsatz in der Stromerzeugung, da Wind und Sonne witterungsbedingt weniger zur Verfügung standen, sowie in einem weiteren Zuwachs im Wärmemarkt. Das Statistische Bundesamt berichtete kürzlich, dass 39 Prozent der im Jahr 2020 gebauten Wohneinheiten mit Erdgas  beheizt werden. Ein weiteres Indiz für die mittelfristig guten Perspektiven ist die Investitionsbereitschaft der Branche. Die Ferngasnetzbetreiber halten eine Summe in Höhe von mehr als sieben Milliarden Euro bis 2030 für nötig, so eine Aussage von Agora Energiewende. Und nicht zuletzt findet die Bedeutung von Gas auch ihren Niederschlag in den Plänen der neuen Bundesregierung. Es gibt ein ausdrückliches Bekenntnis der Ampelparteien für die Notwendigkeit neuer Gaskraftwerke, um die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten, wenn Deutschland aus der Kohle und der Kernenergie aussteigt.

An Erdgas führt auch in den nächsten Jahrzehnten kein Weg vorbei

Und wie sieht die Zukunft aus. Die World Energy Agency, kurz iea, geht in ihrem jüngsten „outlook 2021“ nach einem starken Verbrauchsanstieg in den letzten Jahren ab etwa 2025 von einem zwar abgeflachten, aber weiter steigenden Wachstum der Erdgasnachfrage aus. Und Exxon gibt in seinem „Energy Outlook“ folgenden Ausblick: „Öl und Gas machen heute rund 55 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs aus.  Bis 2040 werden die beiden Energieträger weiterhin über 50 Prozent des weltweiten Bedarfs decken. Eine Aussage, die die zehn von dreizehn Szenarien zum 2-Grad-Ziel unterstreichen“. Eine ähnliche Einschätzung kommt auch von der OPEC. Demnach soll der Primärenergiebedarf bis 2040 jährlich um durchschnittlich ein Prozent pro Jahr zunehmen. Die Erneuerbaren Energieträger werden nach Ansicht der Autoren zwar deutlich kräftiger zulegen als die fossilen, aber auch im Jahr 2040 vergleichsweise wenig dazu beitragen, den Energiehunger der Welt zu stillen. Getrieben wird der Energiemehrverbrauch vor allem durch das Wachstum der Weltbevölkerung von heute rund 7,5 Milliarden auf 9,2 Milliarden Menschen im Jahr 2040.

Bei einer prognostizierten stabilen bis leicht steigenden Erdgasnachfrage dürfte der Energieträger die nächsten Jahrzehnte mehr als eine Brückentechnologie auf dem Weg hin zu einer regenerativen Energiewelt sein. Das sollte jedoch nicht dazu führen, alternative Technologien zu vernachlässigen. Gerade die Gasinfrastruktur bietet hier sehr gute Chancen. 96 Prozent der Verteilnetzleitungen, die 67 Millionen europäische Haushalte, Unternehmen und Industriestandorte mit Gas versorgen, sind aus einem Material, das die Umrüstung auf den Transport reinen Wasserstoffs erlaubt. Das zeigt ein Bericht des Projekts „Ready4H2“, an dem 90 europäische Gasversorger aus 16 Ländern sowie mehrere europäische Verbände beteiligt sind.

Hoffnungsträger Wasserstoff

Für den langfristigen Erfolg der Energiewende und für den Klimaschutz brauchen wir Alternativen zum fossilen Energieträger Erdgas. Wasserstoff soll dabei nach Aussage des Bundeswirtschaftsministeriums als vielfältig einsetzbarer Energieträger eine Schlüsselrolle einnehmen. Neben den klimapolitischen Aspekten geht es hier auch um zukunftsfähige Arbeitsplätze, neue Wertschöpfungspotenziale und einen globalen Milliardenmarkt. Deutsche Unternehmen sind bereits sehr gut aufgestellt. Eine „Nationale Wasserstoffstrategie“ soll die künftige Erzeugung, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff durch entsprechende Innovationen und Investitionen forcieren. Nachdem der Start mit kleinen Pilotanlagen begann, geht die Entwicklung zügig in Richtung Großserienmaßstab. (Eine aktuelle Übersicht dazu findet sich online im „Newsticker Wasserstoff“ der Fachzeitschrift „chemie technik“)

Welche Schlüsse lassen sich für die Erdgas-Branche in Deutschland ziehen? Eine weitsichtige Geschäftspolitik sollte mittelfristig auf alternative Gase setzen und frühzeitig mit dem Aufbau von entsprechendem Know-how beginnen. Infrastruktur und Kunden sind vorhanden. Es gilt, die weitere Entwicklung eng zu begleiten und vorausschauend die richtigen Weichen zu stellen.

(GL)

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