Bei den Klimazielen läuft Deutschland der Entwicklung deutlich hinterher. Dies betonte Michael Riechel, Präsident des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches und Vorsitzender des Vorstandes der Thüga AG, am 29. November bei der Eröffnung der 56. Gaswirtschaftlichen Aussprachetagung, kurz gat, in Köln. So liege das verbleibende CO2-Budget zur Erreichung des 2-Grad-Zieles für Deutschland bei rund 10 Milliarden Tonnen. Da jährlich aber etwa 900 Millionen Tonnen CO2 emittiert würden, sei dieser Restwert bereits vor 2030 aufgebraucht. Die dringende Konsequenz: Es werden schnell wirkende Maßnahmen benötigt – und zwar jetzt und nicht erst in 15 Jahren.

Riechel empfahl den Umstieg von Braunkohle auf Erdgas in der Stromerzeugung. So ließen sich sofort jährlich 110 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Aktuell seien in Deutschland Gaskraftwerke mit einer Kapazität von 23.000 Megawatt installiert, die stillgelegte Kohleanlagen leistungsmäßig ersetzen könnten. Mit Blick auf den steigenden Anteil regenerativer Energien und die Versorgungssicherheit seien mittelfristig jedoch weitere Gaskraftwerke erforderlich, um flexibel auf volatile Einspeisungen reagieren zu können. Dafür brauche es aber Planungssicherheit und entsprechende Rahmenbedingungen. Viel Zeit, so der DVGW-Präsident gegenüber dem „energieverdichter“, bleibe nicht mehr, da Planung und Bau einer Anlage rund sieben Jahre verschlingen würden.

Chancen der Digitalisierung

Als weitere Felder, auf denen Gas merklich zur Reduzierung der Treibhausgase beitragen kann,  wurden der Wärmemarkt und die Mobilität genannt. In diesem Zusammenhang warnte Riechel vor der Vision einer „All-Electric-World“. Stattdessen sprach er sich für den Einsatz einer integrierten Strom- und Gasnetzplanung aus. In Kombination mit der Power-to-X-Technologie ließen sich so pro Jahr mehr als 10 Milliarden Euro Gat 2017einsparen. Als Ausbaupfad für grünes Gas wurde auf der Veranstaltung ein jährlicher Zubau von Anlagen mit einer installierten Gesamtleistung von 150 Megawatt vorgeschlagen. Auf diesem Weg könnte in Deutschland bis 2027 eine Gesamtleistung von 1,35 Gigawatt aufgebaut werden. Power-to-X sei kein unwirtschaftlicher Luxus, sondern auf lange Sicht eine hochwirtschaftliche Technologie.

Die Chancen der Digitalisierung hob Hagen Rickmann, Geschäftsführer Bereich Geschäftskunden der Telekom Deutschland GmbH, in einem Vortrag auf der gat hervor. Er glaubt zwar, dass die Blockchain-Technologie in der Branche in den nächsten fünf Jahren nicht zu einem Kernthema werden wird. Allerdings sprach er von einer „schöpferischen Zerstörung“, die Bestehendes in Frage stelle und Neues zum Wohle der Allgemeinheit schaffe. Dies werde auch die Energiewirtschaft betreffen und mit einer immer schnelleren Geschwindigkeit ablaufen. Unternehmer müssten Mut zeigen und offen gegenüber den Entwicklungen sein, lautete sein Credo. In diesem Zusammenhang erwähnte der IT-Spezialist eine Roland Berger Studie, nach der Energiewirtschaft durch die Digitalisierung eine zusätzliche Wertschöpfung in Höhe von rund 78 Milliarden Euro bis 2025 erzielen kann.

Foto: G. Lengsdorf

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