Die Parameter in der Energiewirtschaft haben sich deutlich verschoben. Wurde früher in der Stromproduktion gutes Geld verdient, sind konventionelle Kraftwerke heute defizitär oder arbeiten an der Verlustgrenze. Dementsprechend wird bei Stadtwerken wie bei größeren überregionalen Versorgungsunternehmen an Konzepten für neue Ertragsmöglichkeiten gearbeitet. Besonders der Vertrieb ist in den Fokus gerückt. Das heißt nicht, dass der Verkauf von Strom und Gas an Bedeutung verliert. Wie aus der Branche zu hören ist, wird viel unternommen, um im stetig intensiver werdenden Wettbewerb die eigenen Mengen zu halten oder doch mindestens die Kundenverluste zu begrenzen. Dass Einiges in Bewegung ist, steht außer Frage.

Laut dem letzten Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt waren 2013 beim Strom in fast 80 Prozent aller Netzgebiete mehr als 50 Anbieter aktiv, in rund 40 Prozent der Netzgebiete waren es sogar mehr als 100. Umgerechnet heißt das: Im bundesweiten Durchschnitt kann ein Letztverbraucher in seinem Netzgebiet zwischen 97 Anbietern wählen, für Haushaltskunden liegt der Wert bei 80 Versorgern.

Ähnlich sieht es beim Gas aus. Seit der Marktöffnung und Schaffung eines funktionierenden Lieferantenwechsels hat sich die Zahl der aktiven Anbieter kontinuierlich erhöht. 2013 belieferten in über 90 Prozent der Netzgebiete mehr als 30 Gaslieferanten die Letztverbraucher. In fast 70 Prozent der Netze standen den Verbrauchern sogar mehr als 50 Anbieter zur Verfügung.

Was also tun unter diesen Eckdaten? Bei einer zunehmend dezentraleren Erzeugung gewinnen Contracting-Angebote für die Errichtung eines Solardaches oder einer Mini-BHKW-Anlage zunehmend an Bedeutung. Neue Tarife werden speziell für die Betreiber von Nachtspeicherheizungen oder Wärmepumpen entwickelt. Und es gibt umfassende Beratungen und Hilfestellungen bei der Steigerung der Energie-Effizienz. Darüber hinaus können künftig intelligente Zähler für neue Angebote und technische Dienstleistungen genutzt werden. Oder Smart-Home-Produkte, wie sie beispielsweise RWE mit einer Heizungsfernsteuerung via Smartphone anbietet, ergänzen die Palette.

Die Liste der Beispiele lässt sich problemlos verlängern. Allen ist gemein, dass sie dem Kunden einen neuen zusätzlichen Nutzen bringen und für technische Kompetenz stehen, die sonst nur schwer zu finden ist. Gleichzeitig gilt es, über den persönlichen Service die Kundenbindung zu stärken. Konkrete Zahlen sind nur schwer zu finden, doch dürfte es sich in der Summe um einen mehrstelligen Milliardenmarkt handeln. Allein für den Bereich Smart Meter gehen Untersuchungen derzeit von einem globalen Volumen von über 20 Milliarden Euro aus, das sich bis 2020 mehr als verdoppeln soll. Kommen die anderen angesprochen Angebote noch hinzu, entsteht in Deutschland ein neues Geschäftspotenzial im zweistelligen Milliarden-Euro-Bereich.

Klingt nach interessanten Perspektiven in einem sich stark ändernden Marktumfeld. Allerdings wird nicht jeder alles (an)bieten können. Gefragt sind einerseits Spezialisierung vor Ort, andererseits innovative wettbewerbsfähige Angebote. Vielfach wird das nicht mit den eigenen Mitteln zu stemmen sein. Ausgesuchte Kooperationen, die nicht zwingend Beteiligungen sein müssen, könnten weiter an Bedeutung gewinnen.

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