Ein BDEW-Kongress in Zeiten eines politischen Erdrutsches nach der Europawahl, was konnte man da erwarten? Konfrontation und Forderungsmaximierung zwischen Verband und Politik oder Rückbesinnung auf eine langjährige Nähe zwischen den handelnden Personen? Die Waagschale neigte sich in diesem Jahr bei den großen Themen schon eher auf die letztere Entwicklung.

Besonders das – nach dem vergangenen Jahr – mit Neugier erwartete Gespräch zwischen Dr. Marie-Luise Wolff, BDEW-Präsidentin und Vorstandsvorsitzende der ENTEGA AG sowie Peter Altmaier (CDU), Bundeswirtschaft für Wirtschaft und Energie, fiel in diesem Jahr nicht so konträr aus wie 2018. Ob Herr Altmaier in seiner Rede bereits einige Themen aus der Schusslinie genommen hatte oder Frau Wolff – ob der Gefahr für die große Koalition in Berlin – bei ein paar kniffligen Aspekten nicht nachgefragt hat, werden wir nicht erfahren. Schade, denn somit blieb es in diesem Jahr eher bei einer Darstellung von Nähe und Übereinstimmung bei den wichtigen Themen Stromtrassen, Klimaschutz und CO2-Bepreisung.

Organisatorisch baute der Veranstalter auf das bewährte Set, hatte nur die Themenwelten mehr oder weniger einmal gedreht und die vier unterschiedlichen Bühnenanordnungen in anderen Teilen der Halle platziert als noch im Jahr 2018. Die Inhalte und ReferentInnen waren gut gewählt, einzig Sicht und Akustik an der 360°-Bühne eher suboptimal. Zum einen litt die visuelle Wirkung auf die Teilnehmenden durch die, wahrscheinlich räumlich notwendige, Platzierung der Screens und die damit fehlende Bühnensicht von sehr vielen Plätzen, zum Anderen ließ die Akustik des Raumes nur eine gerade mal ausreichende Tonübertragung zu. Das wurde leider auch durch spannende Beispiele von Stadtwerksverantwortlichen und eine engagierte Moderation nicht aufgefangen.

Überhaupt Moderation: Es ist eine wirklich Freude den pointierten, immer fordernden aber nie bösartigen Fragen von Marco Seiffert (Radio eins) zu lauschen, mit denen er versucht, die doch oft glatt geschliffenen Antworten der Politikerinnen und Politiker zu hinterfragen und in einen anderen Zusammenhang zu stellen. Man würde sich so etwas auch auf anderen Energie-Events wünschen, muss aber konstatieren, dass weniger erfahrene Gesprächspartner dabei auch schnell unsicher werden könnten. Trotzdem schön, wenn immer mal wieder ein Schmunzeln über die Gesichter der Zuhörenden huscht.

Ein Kongress, dessen Besuch sich lohnt

Hervorheben möchten wir auch noch die Nachwuchsinitiative des BDEW mit den Matching-Aktivitäten für Studierende. Gerade diese Form der Inangriffnahme einer für die Versorgungsindustrie schwierigen Personalsituation ist lobenswert und könnte bei kommenden Anlässen vielleicht noch weiter ausgebaut werden.

Das Buzzword des Kongresses war sicherlich die „Co2-Bepreisung“, die nach unserem Eindruck  wohl auch in nächster Zukunft das energiepolitische Berlin beschäftigen wird. Alle Politiker – und es waren in diesem Jahr neben der Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Peter Altmaier auch Bündnis 90 / Die Grünen sowie die FDP mit RednerInnen und GesprächspartnerInnen vertreten – führten den Begriff im Munde und keine/r von ihnen widersprach diesem Ansatz zur Verbesserung des Klimaschutzes. Wir dürfen gespannt auf den September blicken, wenn die Bundesregierung eine Vorschlag unterbreiten will.

Das Fazit zum diesjährigen BDEW-Kongress: Weniger kontrovers in der Diskussion mit der Politik als im vergangenen Jahr, dafür mit inhaltsstarken Themen aus vielen versorgerrelevanten Geschäftsfeldern. Wenn in den kommenden Jahren auch wieder das Marketing stärker in den Fokus rückt, kann man sich zum wiederholten Mal auf dieses Event freuen. Viele der 1600 Teilnehmenden werden wohl eine Rückkehr planen.

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