Nichts Genaues weiß man nicht

Eigentlich weiß man es, aber eigentlich auch nicht so richtig. „Nichts Genaues weiß man nicht“ ist eine beliebte Floskel dafür, dass an irgendeiner Sache schon was dran ist – aber was, weiß man eben nicht. So oder so ähnlich ergeht es momentan scheinbar vielen Stadtwerkern beim Thema E-Mobilität.

Das war jedenfalls der Eindruck beim BDEW – Kongress für Kleinere und Mittlere Stadtwerke Nord/West in Osnabrück. Digitalisierung und E-Mobilität stehen auf der Agenda, Vorreiter haben bereits konkrete Pläne oder setzen schon um, aber die meisten TeilnehmerInnen sind noch immer auf der Suche nach grundsätzlichen Ansätzen oder warten ab, wohin sich der Markt bewegt. Mut, sich einer Vorreiterrolle anzunehmen? Fehlanzeige!

Bemerkenswerte Ausnahmen

Die Hamburger Netzbetreiber machten deutlich, dass eine komplette Umstellung auf 1.600 E-Busse bis zum Jahr 2030 (und eine damit einhergehende Zunahme des elektromobilen Individualverkehrs auf ca. 100.000 Fahrzeuge) erhebliche Anpassungen im Mittel- und Niederspannungsnetz mit sich bringt. Es wurde aber auch aufgezeigt, dass die benötigten Strommengen bei intelligenter Steuerung zu händeln sind, wenn die Transformatoren entsprechend der lokalen und regionalen Nutzung ausgebaut werden. Eine leistbare Herausforderung, die vor dem Hintergrund der Emissionsdiskussionen in deutschen Großstädten aber auch notwendig erscheint.

Die Stadtwerke Osnabrück stellten eindrücklich vor, wie man auf Grund visionär-mutiger Entscheidungen eine Entwicklung vom Mobilitätsdienstleister hin zum Mobilitätsprovider anstreben kann. Dazu gehört neben einer digitalen Plattform zur Verzahnung von Taktverkehren und On-Demand-Angeboten auch die Reduzierung des zukünftigen E-Bus-Linienplans auf sogenannte Magistralen. Diese bedienen dann Hubs am Stadtrand, zu denen der Fahrgast die On-Demand-Anbieter ruft, um sich bis in die Nähe der eigenen Wohnung transportieren zu lassen oder nimmt von dort aus Sharing-Fahrzeuge in Anspruch. Werner Linnenbrink, Prokurist der Stadtwerke Osnabrück AG, strebt damit einen „Corner2Corner-Service“ an, der einen gesteigerten Komfort für die Fahrgäste bedeuten würde. Das Projekt ist bereits in der ersten Umsetzungsphase, weitere Informationen finden sich hier.

Dass ÖPNV und Startups kooperieren können, wollte auch ein Beitrag zur Zusammenarbeit der Stadtwerke Duisburg mit der Door2Door GmbH aufzeigen. Auch hier geht es um eine erste Integration eines bedarfsabhängigen Mobilitätsangebots mit Kleinbussen in den lokalen ÖPNV. Hervorgehoben wurde dabei, dass bereits in der Entwicklungsphase der langfristig angelegten Partnerschaft die Skalierbarkeit beachtet wird, um die zunächst kleineren Testeinheiten dann koordiniert ausbauen zu können. Nach einer zu Beginn intensiven Aufklärung aller Interessengruppen über das Angebot und die dafür notwendige Bereitstellung der Software, muss dann aufbauend auf den Erfahrungen gemeinsam an der Weiterentwicklung gearbeitet werden.

Wenn auch diese Projektvorstellungen wichtige Perspektiven und  Beispiele für eine Gestaltung der Zukunft aufzeigen, so wenig spürte man als Beobachter eine Aufbruchsstimmung bei den Vertreterinnen und Vertretern des kleineren und mittleren Stadtwerke. Schade, meinen wir.

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