Das Auto als Statussymbol hat bei der urbanen Generation der frischen Führerscheininhaber weitgehend ausgedient. Man bewegt sich mit Sharing-Fahrzeugen aller Art weiter. Vom Fahrrad eines chinesischen Herstellers mit Vollgummireifen (die sich gar nicht so schlecht fahren lassen wie man vermutet) über E-Roller der städtischen Versorgungsbetriebe bis hin zu an vielen Ecken bereitstehenden Autos der vielen mittlerweile etablierten Anbieter wie car2go, Drive Now, Flinkster und Co. Der Trend nennt sich „Car-as-a-Service“ und er verändert nicht nur die Nutzung sondern insbesondere auch die grundsätzliche  Relevanz eines Autos.

Die Bedeutung des Autos wird in Zukunft nicht mehr mit der Zeit vor der Jahrtausendwende zu vergleichen sein: weg vom Privatbesitz und Statussymbol, hin zur Dienstleistung, eben dem „Car-as-a-Service“. Ausgelöst und möglich gemacht wird dies durch parallel stattfindende gesellschaftliche und technische Entwicklungen. Gerade in Städten führen steigende Kosten für Wartung und Service, die dauernde Suche nach einem Parkplatz aber auch die verbesserten Leistungen des ÖPNV zur Tatsache, dass immer weniger Menschen ein  Fahrzeug benötigen. Und wenn, dann leiht man es sich für genau den notwendigen Bedarf und die notwendige Zeit.

Autohersteller müssen neue Geschäfts- und Marketingkonzepte entwickeln, wollen sie auch in Zukunft ihre Zielgruppen erreichen. Eine weitergehende technisch-kommunikative Vernetzung und eine hochgradige Automatisierung der kommenden Autogenerationen sind  dabei sowohl Herausforderung wie auch Chance.

Weg vom reinen Fahrzeug hin zum Komfortmobil

Die produzierenden Unternehmen stellen sich diesen Aufgaben und nutzen die immer besser werdenden Kommunikationswege zwischen den Fahrzeugen und ihrer Umgebung für neue Serviceangebote. So wird aktuell daran geforscht, dass Fahrzeuge an vielen wiederkehrenden Punkten (Tankstellen, Parkhäusern, Mautstellen) ganz selbständig die anfallenden Kosten begleichen. Möglich gemacht wird dies mit bekannten Zahlungsvarianten und der bereits vom Smartphone bekannten Near-Field-Communication (NFC). Notwendige Daten einer Kreditkarte werden bei dieser Methode völlig automatisch und gleichzeitig sicher über eine abgesicherte Schnittstelle übertragen.

Eine andere, bereits in der Erprobung befindliche, Nutzung ist der Gebrauch des Autos als Paketannahmestelle. Dabei steuern die päckchenliefernden Drohnen das Fahrzeug via GPS-Unterstützung an, kommunizieren zur Öffnung des Kofferraums mit dem Fahrzeug und legen das auszuliefernde Gut im Kofferraum ab. Nach dem Verlassen des Fahrzeugs wird der Kofferraum wieder per Funkbefehl verschlossen und die Drohne fliegt weiter zum nächsten auszuliefernden Päckchen.

Der Kunde findet seine Lieferung bei seiner Rückkehr im Fahrzeug und natürlich wurde er über die Ablage und den ordnungsgemäßen Wiederverschluss des Fahrzeugs bereits via Messenger oder auf anderen Kanälen informiert. Vorstellbar ist zukünftig auch die Vereinfachung notwendiger Werkstattbesuche, für die das Auto selbstständig den (vorher natürlich freigegebenen) Kalender der Besitzer mit freien Werkstattterminen abgleicht, Termine vereinbart und alle Beteiligten entsprechend informiert.

Marketing muss Auto als Dienstleistung platzieren

Laut Branchen-Visionären entwickelt sich das Fahrzeug durch „Autonomes Fahren“ immer stärker zu einem individuellen Dienstleister. Nutzer „sharen“ dann nicht nur ein Fahrzeug, sondern bestellen dieses mit Zusatzleistungen wie Massagesitzen oder speziellen Kommunikationsleistungen wie Streaming-TV während der Fahrt für die Rücksitze. Je mehr sich jedoch die technischen oder aber auch die individuellen Angebote angleichen, umso mehr müssen die Marketer tätig werden, um Services und „Gefühle“  in den Mittelpunkt von Marketing und Kundenkommunikation zu stellen.

Prognosen zeigen, dass die Hersteller der Fahrzeuge mehr Geld mit Services als mit dem reinen Verkauf der Fahrzeuge verdienen werden. Dies soll auch die Bereitstellung von Parkraum oder das Angebot zur Nutzung bestimmter – schnellerer – Fahrspuren umfassen. Ob das auch zukünftig noch erstrebenswert ist oder dieser Gedanke noch aus der Urzeit der automobilen Fortbewegung stammt, muss an dieser Stelle nicht diskutiert werden.

Sicher ist nach Ansicht vieler Visionäre, dass sich das verkehrliche Stadtbild wandeln wird. Durch Sharing-Dienste erwarten sie eine grundsätzliche Verringerung der Autozahlen. Dies kann mittel- und langfristig auch zu einer Anpassung der Straßen führen, indem diese Flächen zugunsten von Wohn- und Grünanlagen umgewandelt werden.

Wer als Hersteller diese Visionen zuerst verinnerlicht und die Marketingabteilungen auf Grund dieser Entwicklungen neu ausrichtet, wird im Vorteil sein. Bedingung dafür ist jedoch eine Verstärkung der Mitarbeiter-Teams und ein weitergehender Kompetenzausbau. Auch ist die interne Kommunikation vermehrt zu forcieren, denn gerade der enge Austausch zwischen Research-Departement und den Kommunikationsverantwortlichen sorgt für eine frühzeitige Einbindung der vielschichtigen Services in die Markenkommunikation.

Chancen für Versorger?

Ob Versorger, wie mancherorts schon diskutiert, z. B. am Wochenende passende Fahrzeuge aus Ihrer Flotte mit in ein Car-Sharing-Angebot einbringen, sollte in diesem Umfeld nicht unbedacht bleiben. Schließlich kann man auf diesem Weg auch neue, vor allem jüngere und für maßgebliche Trends offene Zielgruppen erreichen. Ein Ansatz, der in Zeiten der schwierigen Einführung von technisch neuen Produkten wie dem Smart Meter sicherlich nicht ganz falsch ist. Leider wird in den deutschen Stadtwerken immer noch zu viel „mit dem Vertriebshirn gearbeitet“ und es hat sich immer noch nicht weit genug durchgesetzt, das Marketing gleichzeitig für die Imagestärkung und den Markenausbau mit zu integrieren.

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