Wie kann ich die Marge verbessern? Das ist eine Frage, die viele Stadtwerke auf der Suche nach der richtigen Zukunftsstrategie umtreibt. Für Dr. Markus Lammers, bei der innogy SE für das deutsche B2B-Geschäft verantwortlich, ist die Antwort klar. Schon heute erwirtschaftet sein Unternehmen je nach Region zwischen zehn und 40 Prozent des Ertrages mit Dienstleistungen. „Das ist eine gute Basis, die wir systematisch verbreitern wollen“, erläutert er im Gespräch mit dem energieverdichter seine Strategie. Umso mehr da sich bereits erste Unternehmen aus dem B2B- oder Großkundengeschäft aufgrund eines extremen Margendrucks im Energievertrieb zurückgezogen hätten.

Vor diesem Hintergrund hat sich das Unternehmen seit September letzten Jahres neu aufgestellt. Während bis dato eine weitgehend autonome Steuerung durch fünf regional tätige Beteiligungsgesellschaften stattfand, erfolgt heute eine stärker funktional ausgerichtete Koordination durch innogy. Ziel ist laut Lammers der Aufbau eines schlüssigen Leistungspaketes, mit dem Stadtwerke ihr Portfolio steigern und Antworten auf die Herausforderungen im Markt finden können. In diesem Zusammenhang verwies er auf die hohe Wettbewerbsintensität, die zunehmende Digitalisierung und die dezentrale Erzeugung. Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen verfügten oft nicht über die notwendigen Ressourcen. „Zu unseren Leistungen gehören neben den klassischen Angeboten zur Beschaffungsoptimierung und Netzsteuerung immer stärker Marketing- und Vertriebsaktivitäten, wie die Unterstützung bei der EEG-Direktvermarktung und beim Smart Meter-Rollout oder die Realisierung von BHKW-Anlagen“, beschreibt Lammers die aktuelle Entwicklung.

Kannibalisierung in Kauf nehmen

Dabei fallen die bisherigen Erfahrungen unterschiedlich aus. Während das Interesse an White-Label-Produkten noch hinter den Erwartungen von innogy zurückliege, habe sich die Elektromobilität erfreulich entwickelt. Man sei mittlerweile bei der Anzahl der Ladestationen führend und biete als einziges Unternehmen eine „saubere“ Abrechnung bis zum Endkunden an. Auf dieser Grundlage würden aktuell Gespräche mit mehr als 150 Stadtwerken geführt um den Ausbau weiter gemeinsam voranzutreiben. Gut laufe auch das Geschäft mit moderner und effizienter Beleuchtung. Durch den Einsatz von LED-Straßenlampen ließen sich Einsparpotenziale im deutlich zweistelligen Bereich realisieren. Das könne zwar zu Lasten der Stromverkäufe gehen, doch nehme man eine Kannibalisierung mit dem eigenen Geschäft in Kauf. „Wenn  wir das nicht machen, macht es jemand anders“, so der Manager.

Ein deutliches Potenzial für Stadtwerke sieht Lammers in der Errichtung von PV-Anlagen, beispielsweise auf den Dächern von Autohäusern, Industriehallen und öffentlichen Gebäuden. Bisher stoße man auf offene Ohren, das Interesse könnte aber angesichts der guten Wirtschaftlichkeit höher sein. Deshalb werde man die Vorteile einer Eigeninstallation beziehungsweise einer Contracting-Lösung mit allen dazugehörigen Dienstleistungen noch stärker herausstellen. Mit Blick auf die Bedürfnisse vieler Kommunen engagiert sich innogy darüber hinaus für Quartierkonzepte. Zusammen mit Kollegen aus dem Netz- und Telekommunikationsbereich erarbeite und realisiere man Vorschläge, wie Stadtteile energetisch optimiert und auf künftige Infrastrukturanforderungen ausgerichtet werden können. Bleibt als Fazit: Jenseits des klassischen Energievertriebs dürfte die Bedeutung energienaher Dienstleistungen gerade mit Blick auf die Ertragssituation künftig weiter zunehmen.

Bild: Innogy, Quartierskonzept Adlershof

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